Thema

Jagdgeschichte Ostmitteleuropas

Die Jagd ist eine der ältesten Praktiken der Menschheit. Sie eröffnet ein breites gesellschaftliches Panorama. Trotzdem spielt sie in der Geschichtsschreibung bislang nur eine Nebenrolle. Deshalb untersucht das Forschungsprojekt die Kontinuität der Repräsentations- und Legitimationsformen von Herrschaft sowie Transfer- und Verflechtungsphänomene in Kultur und Wissenschaft über die Zäsur des ersten Weltkriegs hinaus.

Forschungsthema

Vasilij G. Perov. Jäger auf der Rast, 1871.

Imperiale Räume im Fadenkreuz. Eine komparative Kultur-, Sozial- und Umweltgeschichte der Jagd, 1860–1930
Die Jagd ist eine der ältesten Praktiken der Menschheit. In ihr zeigen sich Repräsentationsformen von Macht, Männlichkeit, Gewalt, Unterdrückung, aber auch von sozialer Zugehörigkeit. Sie bietet so ein breites gesellschaftliches Panorama. Trotzdem spielt die Jagd in der Geschichtsschreibung bislang nur eine Nebenrolle. Dabei ist sie gerade im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert ein Prisma für die vielseitigen Formen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, für den Versuch, die Natur zu beherrschen, für Genderfragen, für Prozesse sozialen Wandels und für Formen imperialer Politik. Das Forschungsprojekt untersucht deshalb die Kontinuität der Repräsentations- und Legitimationsformen von Herrschaft sowie Transfer- und Verflechtungsphänomene in Kultur und Wissenschaft über die Zäsur des ersten Weltkriegs hinaus. Durch den breiten thematische Fokus auf die gesellschaftlichen Implikationen der Jagd sowie auf grenzübergreifende Interdependenzen in der Entwicklung kultureller Praktiken eröffnet sie eine neue Perspektive auf die Konstitution imperialer und postimperialer Räume sowie auf die zugrundeliegende Beziehung zwischen Mensch und Umwelt im östlichen Europa.

Das breite Spektrum einer Geschichte der Jagd in Ost- und Ostmitteleuropa von der Zeit der großen multiethnischen Imperien im 19. Jahrhundert bis zur Staatswerdung vormals untertäniger Gebiete wie der Tschechoslowakei und Polens nach dem Ersten Weltkrieg eröffnet neue Perspektiven über etablierte Fachgrenzen und methodische Zugänge hinaus. Mit Blick auf Fortbestand und Wandel jagdlicher Traditionen seit dem ausgehenden Mittelalter wird nicht zuletzt das Wechselverhältnis zwischen Zentrum und Peripherie neu verhandelt. Durch seine Situierung an der Kreuzung von Kultur-, Sozial- und Umweltgeschichte verspricht das Projekt neben einer empirisch fundierten Grundlagenforschung auch wichtige Impulse für das Verständnis sowohl der materiellen wie der ideellen Dimensionen der Mensch-Natur-Beziehung in (post-)imperialen Räumen.

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